Zu sehen ist eine bildfüllende, blühende Sonnenblume von vorne. Die Farben sind gelb und dunkelbraun. ©ekhn_PolPfarramt_BGR

Sich trotzdem aufmachen – jeden Morgen neu

Geistlicher Impuls für Oktober 2024

Es gibt so viele Gründe zu klagen. Oft fehlt jede Perspektive. Doch trotz allem Miesen gibt der Glaube Hoffnung. Darüber denkt der Geistliche Impuls für Oktober nach.

Klagen entlastet. Drastisch drücken die biblischen „Klagelieder“ aus, welche Unerträglichkeiten und welche Tode das Leben bereithält. Gott selbst wird angeklagt, den Seelenfrieden genommen, jede Hoffnung zerstreut, die Wege verbaut zu haben.

Das Buch „Klagelieder“ im Alten Testament hat im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung den Krieg und die Zerstörung Jerusalems durch das Babylonische Militär in Dichtkunst verarbeitet. Die Bilder unserer Zeit ähneln der damaligen Epoche.

Wir sehen Menschen in Not, auf Haut und Knochen abgemagert. Frauen, Männer und Kinder ohne Obdach, verzweifelt zwischen rauchenden Ruinen, nach Halt suchend im Schlamm. Wo bleibt die Perspektive? Was könnte Kriege und Klimakrise beenden? Die Vernunft beißt scheinbar auf Granit. Menschen hängen zwischen Fronten fest. So viele sind verängstigt und verbittert und verloren.

Erschütterungen, wo man hinschaut. Um uns herum Fluten, Armut, politische Entgleisungen. Gott sei’s geklagt!

Und trotzdem: „Die Güte des HERRN ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.“  (Klagelieder Kapitel 3, Verse 22 und 23)

Wie kann man so beten? Ich sträube mich innerlich gegen den Gedanken, beides – sowohl das Böse wie das Gute – aus Gottes Hand anzunehmen. Ich weiß: So würde ich mehr Gelassenheit erleben.

Aber ich will versuchen – trotz aller Zweifel, trotz all dem Miesen – mich trösten zu lassen von dem Glauben an die Güte Gottes, die den Zorn überwiegt. Denn Gottes Treue und Barmherzigkeit sind größer als alles Leid.

Ich will mich jeden Tag neu aufmachen und auf dieses „Trotzdem“ trauen. Demut und Dankbarkeit tragen weiter.

Ich bin dankbar zu leben. Ich will der Liebe auf der Spur bleiben. Ich will Helles in das Dunkle bringen. Und so dem Leben dienen. Ich weiß, dass ich dabei auf Gottes Hilfe angewiesen bin.

Möge sich unser aller Klagen in Segen wandeln!
Ihre Pfarrerin Barbara Görich-Reinel