Menu
Menü
X

Impuls im Mai 2024 zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes

Happy Birthday, Grundgesetz!

Oben brennen Kerzen aus Buchstaben, die Happy Birthday schreiben. Unten sieht man kleine Holzblöcke mit den Buchstaben Thank You.

Vielen Dank zum Geburtstag!

Im Impuls für den Monat Mai wirft Polizeipfarrer Dr. Michael Grimm einen Blick auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das vor 75 Jahren verabschiedet wurde.

Am 23. Mai feiern wir ein besonderes Jubiläum: 75 Jahre Grundgesetz. In vielen Dienst-stellen der Polizei hängt gut sichtbar ein Poster mit Artikel 1 Abs. 1 GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Ich habe das Bedürfnis, einen Moment inne zu halten und das bewusst wahrzunehmen, was unseren Alltag so selbstverständlich zu begleiten scheint.

Selbstbestimmung, Solidarität und rechtstaatlicher Stabilität

Auf der Webseite unserer Bundesregierung findet sich ein kurzes Filmdokument in Schwarz-Weiß aus dem Jahr 1949, unterlegt mit bedeutungsschwerer Musik: Der Parlamentarische Rat verabschiedet das Grundgesetz mit 53 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen. Vor einem Podium sitzen feierlich die 61 Väter und vier Mütter des Grundgesetzes. Der Film gibt Einblicke in eine andere Zeit. Vier Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur und des Krieges liegt noch vieles in Trümmern: Das Land, die Wirtschaft, das Leben, aber vor allem die Seelen der Menschen. Das Grauen der Vergangenheit scheint mir in den Gesichtern der Frauen und Männer noch erkennbar zu sein.

Aber aus den Trümmern entsteht eine neue Verfassung für Deutschland, die uns bis heute ein hohes Maß an Selbstbestimmung, Solidarität und rechtstaatlicher Stabilität ermöglicht. Sehr viele Menschen unserer Erde können davon nur träumen. Nicht wenige tun es auch.

Die Würde ist allen Menschen zugesprochen

In einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leben zu dürfen ist nicht selbstverständlich. Polizeibeamte, die selbst einen Migrationshintergrund mitbringen, wissen das unter Umständen sehr genau. In einer Fortbildungsveranstaltung berichtete ein Beamter von seiner Kindheit in einer ehemaligen Sowjetrepublik. Um Armut, Korruption und Gewalt zu entkommen, nutzte seine Familie in den 90er Jahren die Gelegenheit, als Kontingentflüchtlinge in die Bundesrepublik einzuwandern. Aber auch in Deutschland war es anfangs nicht leicht, mit der fremden Sprache und Kultur zurecht zu kommen und sich eine neue Existenz aufzubauen. Er bekam immer wieder Vorurteile zu spüren – selbst innerhalb der Polizei.

Der Schutz der Menschenwürde ist leider kein Selbstläufer. Wir müssen uns immer wieder dafür einsetzen. Entscheidend dabei ist: diese Würde ist nicht nur manchen, sondern allen Menschen zugesprochen. Allein deshalb, weil sie Menschen sind, unabhängig von Aussehen, Herkunft oder Geschlecht. Im Grenzfall gilt sie selbst denjenigen, die andere Menschen in ihrer Würde brutal verletzt haben, etwa Sexualstraftätern. In solchen Situationen kann der hohe ethische Anspruch des Grundgesetzes zu einer emotionalen Zumutung werden. Aber nur indem wir ihn anerkennen und durchsetzen, können wir eine klare Grenze gegenüber Willkür und Diktatur ziehen.

Jeder Mensch besitzt eine „heilige“ Mitte

Die Idee einer universalen Menschenwürde stammt übrigens aus der Bibel. Dort heißt es gleich auf der ersten Seite, dass Gott den Menschen nach dem Ebenbild Gottes erschuf, als Mann und Frau (1. Buch Mose, Kapitel 1). In jedem Menschen steckt also ein Funke des Göttlichen. Jeder Mensch besitzt eine „heilige“ Mitte, die nicht gewaltsam verletzt werden darf. Nein, die Glaubensgemeinschaften haben selbst nicht immer die Menschenwürde geachtet. Sie haben auch Täter gedeckt, Gewalt vertuscht und Opfer zum Schweigen gebracht. Aber der Missbrauch entwertet nicht die geniale Idee einer universalen Menschenwürde an sich.

Also: Happy Birthday, Grundgesetz! Du bist aktuell wie am ersten Tag. Wir sind dankbar, dass wir dich haben. Deshalb wollen wir alles dafür tun, dass du uns und künftigen Generationen erhalten bleibst!

Ihr Michael Grimm, evangelischer Polizeiseelsorger

michael.grimm@ekhn.de / Mobil: 01516 - 105 5513

Hier finden Sie das Filmdokument von 1949 und weiteres Material zum Jubiläum: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/75-jahre-grundgesetz


top