WissensWertes: Heimat
Hier bin ich Mensch — hier darf ich sein!
Heimat ist da, wo man sich geborgen fühlt, wo alles irgendwie vertraut und heimelig ist. Da wo man sich auskennt und sogar im Schlaf den rechten Weg findet — „daheim" eben. Manche denken an die Heimat ihrer Kindheitstage — wo man von jedem Baum wusste, wie er zu erklimmen war. Wo man sich bei den Nachbarn spontan zum Sonntagsessen einladen konnte, in große Pfützen gesprungen ist und beim Frisör um die Ecke (dessen Haus längst für einen hässlichen Supermarkt abgerissen wurde) den ersten Haarschnitt verpasst bekam.
Andere schätzen als Heimat den Ort, wo sie gerade wohnen — da wo man den besten Metzger kennt, wo die Nachbarn freundlich grüßen und bei Bedarf auch mal ihren Hänger ausleihen. Wo man in der Kneipe immer Bekannte trifft und auf dem Balkon Urlaub macht. Wo man ungestört Fahrrad fahren und joggen kann oder mit „seinem" Fußballverein feiert und leidet. „Ort der Ruhe" — so gibt die Bibel das typisch deutsche, eigentlich unübersetzbare Wort „Heimat" wieder (Buch Ruth Kapitel 1, Vers 9). Heimat — ein sicheres Ruhekissen also, Raum für Entspannung mit Wohlfühlgarantie.
Natürlich gibt es Menschen, die der Enge ihrer angestammten Heimat entfliehen — die durch die Lande streifen und sich nirgends festnageln lassen. Andere verbinden mit „Heimat" kitschige Heidi-Alpen-Schmachtfetzen und Luis-Trenker-Filme von übervorgestern. Manche gar verachten den Missbrauch einer Heimatideologie, als Hunderttausende aus Osteuropa „Heim ins Reich" deportiert wurden, wo die meisten dann in „heimischen" Lagern den Bombenkrieg und erneute Vertreibung erlebten.
Dabei steht „Heimat" nicht für sentimental-heroische Deutschtümelei. Heimat war ursprünglich kein abgegrenzter Bereich, den es von „raumfremden" Eindringlingen und „Durchrassung" zu säubern galt. Heimat ist vielmehr idyllische Natur, wo Mensch und Umwelt harmonisch im Einklang miteinander leben. Ihre Symbole sind der „deutsche" Wald mit seinen „deutschen" Eichen und Schäferhunden — ebenso wie die Allgäuer Bergwelt. Vor seinem Missbrauch durch die NS-Ideologie bedeutete Heimatschutz also zivilisationskritisch Umweltschutz. Heimisches Gemüse direkt vom Bauern, slowcooking, Landlust und Grillen im Garten — genau das ist „Heimat".
Insofern ist Heimat also „kein Ort, sondern ein Gefühl" (Herbert Grönemeyer). Oftmals entdeckt man erst in der Fremde nostalgisch seine Heimat, auch wenn man niemals dort wirklich gelebt hat. Dies spüren vor allem diejenigen, die zwei Seelen in ihrer Brust tragen: Sie fühlen sich in der türkischen oder russischen Kultur ebenso wie in deutschen Traditionen heimisch verankert. Sie genießen die Vielfalt ihres kulturellen Erbes und fiebern mit beiden Nationalmannschaften. Und sie leiden darunter, wenn man sie festnageln und zwingen will, sich für eine von beiden Heimaten zu entscheiden. Als ob bürgerliche Loyalität zur Rechtsordnung des Wohnortes oder Staatsangehörigkeit etwas mit Heimatgefühlen zu tun hätte.
Zur Heimat gehören Werte!
Doch auch wenn manchem „Heimat" anrüchig erscheint, kann keiner auf sie wirklich verzichten. Als Kultur bietet sie Orientierungshilfen in allen kleinen und großen Fragen des Alltags. Unabhängig vom Ort braucht jeder Mensch eine „geistige Heimat" — wie es Willy Brandt einmal formulierte. Eine solche geistige Heimat bildet den Hintergrund bei komplexen Entscheidungsfragen — mag sie eher einer konservativen bzw. sozialliberalen Werthaltung entspringen oder aus einer humanistischen oder religiösen Grundorientierung erwachsen. Zur Heimat gehören Werte!
Das gilt in besonderer Weise für unsere „himmlische Heimat", in der Christen „Bürgerrechte" haben (Philipperbrief Kapitel 3, Vers 20). Hier in diesem Leben schon genauso wie künftig im Himmel. In dieser Heimat Gottes hat jeder, der sich danach sehnt, ein unverlierbares Bürgerrecht, das keiner Nationalität verschlossen ist. In ihr kann man sich bergen und trösten, wenn die Zeiten rau werden. In ihr herrscht eine gerechte Gesinnung, die uns auf das Gute im Geiste Jesu weist.
von Polizeipfarrer Dr. Martin Schulz-Rauch
„Unsere Heimat ist im Himmel.“
(Philipperbrief Kapitel 3, Vers 20)
„Wie ein Vogel, der aus seinem Nest flüchtet, so ist ein Mensch, der aus seiner Heimat flieht."
(Sprüche 21,8)
Das Faltblatt "Heimat" aus der Reihe WissensWertes hier zum Download (Achtung: Kontakt-Adressen haben sich verändert.)