WissensWertes: Eid. Mehr als Motivation
Vertrauen lebt von Verbindlichkeit
Wer bindet sich heute schon… wenn bei Parship die Auswahl an attraktiven Partnern immer größer wird: Vielleicht kommt ja jemand um die nächste Ecke, der noch viel toller ist! Und wenn man sich dann doch gefunden hat: Ist „bis dass der Tod uns scheidet“ überhaupt zeitgemäß? So ein Versprechen, das weit über die Garantieleistung einer Miele-Waschmaschine hinausgeht, wer kann das heute noch guten Gewissens abgeben?
Dabei leben wir von solchen Versprechen, die ohne Wenn und Aber gelten. Vertrauen braucht die Treue als Gegenpart, die nicht bloß bei schönem Wetter und optimalen Bedingungen gilt. Sondern immer. Und überall. Das ist die Lebensgrundlage für jede Form von Gemeinschaft: in einer Beziehung, in einer Familie, in einem Gemeinwesen.
Kein Kind kann aufwachsen und zu einem psychisch gesunden Menschen reifen, wenn dieses Vertrauen nicht entstehen konnte. Das von diesem bedingungslosen Versprechen der Eltern lebt: Wir sind für dich da. Egal was kommt.
Auch unsere Demokratie, unser Grundgesetz braucht Menschen, die sich verpflichten, dafür einzustehen und dieses Gemeinwesen zu schützen. Polizistinnen und Polizisten tragen einen großen Teil dazu bei, dass Menschen das „Systemvertrauen“ nicht verlieren, ohne das kein Gemeinwesen bestehen kann.
Der Treue-Eid – ein religiöses Relikt?
Die Leistung eines Eides ist nicht bloß altmodisch. Sie ist archaisch. Seine Bedeutung reicht hinunter in die tiefsten Anfänge menschlicher Kultur. Mit ihm betritt man, ob man will oder nicht, religiösen Boden: Mit einem Eid war in der Bibel eine „bedingte Selbstverfluchung“ verbunden, die man beim Bruch des Eides auf sich zu nehmen bereit war. „Der Herr tue mir dies und das, wenn ich den Eid breche“, heißt es an vielen Stellen im Alten Testament. Im Englischen klingt das noch im Ausdruck „to swear“ durch, was sowohl schwören als auch „verfluchen“ bedeuten kann.
Einen Eid zu leisten ist jedenfalls mehr als die Bekräftigung eines Versprechens. Man verspricht nicht nur jemandem etwas, sondern ruft zur Überwachung oder zur Sanktionierung beim Bruch eine dritte Instanz an: Die fungiert als Zeuge, vor der man das Versprechen abgibt. Der mögliche Eides-Zusatz „So wahr mir Gott helfe“ ist im Grunde ein Gebet, das anerkennt, dass die Reichweite des Versprechens eigentlich Hilfe von oben benötigt. Und auch darauf bauen kann.
Der Schlussstein im Chorgewölbe der St.Laurentius Kirche in Kenzingen (s. Foto) illustriert das: Der „Schwurhand“ des Menschen entspricht die segnende Hand Gottes.
Die ganze Person
Liebe Polizeibeamt:innen! Ihr Eid ist mehr als das Versprechen, etwas Bestimmtes zu tun. Irgendwie. Mehr oder weniger. Er geht über das Versprechen der Einhaltung bestimmter Dienstpflichten hinaus und betrifft die gesamte innere Haltung. So wird aus einem bloßen Vertrag ein Dienstverhältnis, das auch die Frage Ihrer Identität berührt: Sie versprechen mit dem Eid, eine bestimmte Art von Person sein zu wollen. Mit einem Wort: Ein Vertrag betrifft das Tun, ein durch einen Eid geschlossenes Dienstverhältnis betrifft die ganze Person. Das ist was Existentielles.
- Aus freien Stücken einem andern Menschen, einer Gemeinschaft oder einer guten Sache die Treue zu schwören, ist etwas zutiefst menschliches. In so einer Tat drückt sich wahre Freiheit aus.
- Wer einen Eid leistet, lässt vorab also keine Entschuldigungsgründe oder Einschränkungen zu: „Ich verspreche, dich zu beschützen, aber nur mit halber Kraft von Dienstag bis Donnerstag, wenn ich es einrichten kann und Lust dazu habe und genug Geld kriege.“ Zu diesem dienstlichen Treueversprechen gehört dann aber auch der Gegenpart: Das Fürsorgeversprechen des Staates. Man könnte sogar so weit gehen, dass der Staat an Sie „glaubt“!
Für Martin Luther waren „Treu und Glaube“ ein zusammengehörendes Paar. Weil hier etwas zwischen zwei Personen geschieht: Nur dem kann ich glauben, dessen Treue glaubwürdig ist. Der mit seiner ganzen Person dafür einsteht und bei dem ich mich darauf verlassen kann, dass er hält, was er verspricht. Das genau ist mit Gott gemeint: der, auf den man sich unbedingt verlassen kann. Gott hält, was er verspricht, nämlich dass er die Menschen nicht zugrunde gehen lässt, sondern rettet. Dafür genau steht Jesus Christus ein. Er ist das „große Ja“ zu allen Verheißungen Gottes. (2. Korintherbrief Kapitel 1, Vers 20).
Liebe Polizeibeamt:innen, wir hoffen, dass Sie Ihren geleisteten Eid weniger als Bürde, denn als Würde empfinden! Sie können darauf vertrauen: Wo die versprochene „ganze Hingabe“ zu schwer wird, wächst einem:r Hilfe zu, wenn man danach fragt.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen Gottes Segen!
Ihre Polizeipfarrer*innen
von Polizeipfarrer Dr. Armin Kistenbrügge
"Dies ist’s, was Gott geboten hat: Wenn jemand dem HERRN ein Gelübde tut oder einen Eid schwört, sich von etwas zu enthalten, so soll er sein Wort nicht brechen, sondern alles tun, wie es über seine Lippen gegangen ist."
(4. Mose Kapitel 30, Verse 2-3)
"Denn auf alle Gottesverheißungen ist in Jesus Christus das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre."
(2. Korintherbrief Kapitel 1, Vers 20)
Das Faltblatt "Eid. Mehr als Motivation" aus der Reihe WissensWertes hier zum Download (Achtung: Kontakt-Adressen haben sich verändert.)