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WissensWertes: Schuld und Vergebung

Schuldig werden gehört zum Leben

Zum Hausbau wird vielleicht ein Kredit aufgenommen. Die Zahlungsverpflichtung nennt man Schulden, sie sind materiell zu verstehen. Persönliche Beziehungen sind von moralischen Werten und Pflichtvorstellungen geprägt. Man ist dem oder der anderen etwas schuldig. Der Ausdruck „Du hast noch was gut bei mir!“ lässt auf ein imaginäres Konto schließen, das ausgeglichen sein soll. Beim Scheitern von Beziehungen stellen sich unter anderem Schuldgefühle ein. Man merkt, manches ist nicht wieder gut zu machen.

Wie kommt’s dazu? Die menschliche Freiheit ist eng mit der Verantwortung für sich und andere verbunden. Diese Freiheit ist „im Gebrauch“ nicht fehlerfrei. Verstrickt in das Böse der Welt, kommt es zu schuldhaftem Verhalten. Es entstehen Situationen, in denen man gegen die eigene Überzeugung handelt, so dass man anderen und sich selbst schadet. Man bleibt dem Leben – und also auch Gott – etwas schuldig.

Die Reaktionen sind vielfältig. Schuld wird häufig bestritten und verdrängt. Es können jedoch auch Selbstvorwürfe und Zweifel folgen, das schlechte Gewissen sich melden, Reue – und Schamgefühle auftauchen.

Wer hat Schuld? Moralische Verletzung drohen

Die Frage nach der Schuld ist Gegenstand von Ermittlungen und damit ein Dauerthema in der Polizei. Präventiv wird gearbeitet, um potentielle Straftaten zu verhindern und damit an Vergehen nicht mitschuldig zu werden.

„Unschuldig schuldig“ werden gehört unter Umständen zum polizeilichen Berufsleben, wenn in schwierigen Dilemma-Situationen Entscheidungen getroffen werden müssen. Verantwortung wird dabei individuell, aber auch kollektiv getragen. Das Risiko der Schuldübernahme im rechtlichen wie moralischen Sinn wird dabei bewusst eingegangen.

Plagen Schuldgefühle trotz Unschuld im juristischen Sinn, kann es zu einer moralischen Verletzung gekommen sein. Der Wunsch ist, mit sich ins Reine zu kommen und sich versöhnen zu können. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis – genauso wie Essen und Trinken. Im Vaterunser heißt es deshalb: „Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib’ uns unsere Schuld.“ (Lukasevangelium Kapitel 10, Vers 24)

Was hilft? Versagen bekennen und Vergebung erfahren

Sich jemandem anvertrauen: Aussprechen, was ist. Miteinander teilen, was schwer wiegt. Klarheit gewinnen. Sich Entlasten und Lösen im Lossprechen oder Beichten. Mit dem leben können, was gewesen ist. Drückt die eigene Schwäche oder wird eine verhängnisvolle Entscheidung als Zumutung erlebt, will man angenommen und verstanden sein. Es braucht eine Vertrauensperson als adäquates Gegenüber.

Die Zusage von Vergebung erleichtert und befreit. Sie geschieht manchmal „unerkannt“, zum Beispiel im Gespräch mit einem Kollegen oder einer außenstehenden Person. Versagen kann bekannt und getragen werden. Menschen können ihm standhalten. Die christliche Überzeugung ist, dass Gott Schuld mitträgt und vergibt. Damit ist die Schuld nicht vergessen, aber aufgehoben.

Die menschliche Würde der schuldig Gewordenen bleibt bestehen. In der Bibel wird ihnen mit Barmherzigkeit begegnet. Eine Neuorientierung, ein Neuanfang ist möglich: Versöhnung mit sich selbst und dem Leben.

von Polizeipfarrerin Barbara Görich-Reinel

„Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib’ uns unsere Schuld.“ (Lukasevangelium Kapitel 10, Vers 24)

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